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Themenschwerpunkt «Föderalismus und Menschenrechte»
Im föderalen System der Schweiz tragen die Kantone und die Gemeinden eine zentrale Verantwortung für die Umsetzung der Menschenrechte. Wie gelingt die Übersetzung der Menschenrechte in den lokalen Kontext? Welche Rolle spielen Gemeinden und Kantone bei der Weiterentwicklung des nationalen und internationalen Menschenrechtsschutzes? Ist der Föderalismus Garant oder Hindernis für die Verwirklichung der Menschenrechte? Im Themenschwerpunkt «Föderalismus und Menschenrechte» sucht die SMRI Antworten auf diese Fragen.
Die lokale Umsetzung und Weiterentwicklung der Menschenrechte
Damit Menschenrechte wirksam werden, muss ihre Umsetzung lokal erfolgen. Der Föderalismus schafft hierfür die institutionellen Voraussetzungen, indem er den Kantonen und Gemeinden in menschenrechtsrelevanten Bereichen weitreichende Kompetenzen überträgt.
Zugleich ermöglicht der Föderalismus den Kantonen und Gemeinden, menschenrechtliche Normen weiterzuentwickeln und sie auf neue Herausforderungen wie den Klimawandel, die Digitalisierung oder die Alterspolitik anzupassen. Schliesslich spielen auch intermediäre Strukturen wie interkantonale Konferenzen eine zentrale Rolle in der föderalen Menschenrechtsarchitektur, indem sie Harmonisierungsprozesse bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Menschenrechte befördern können.
Übersetzung und Aufsicht
Die universellen Normen der Menschenrechte müssen in lokale Kontexte «übersetzt» werden. Diese Übersetzung, Anpassung und Verankerung leisten Akteur*innen – Parlamente, Verwaltungen, zivilgesellschaftliche Organisationen – in den 26 Kantonen und über 2000 politischen Gemeinden der Schweiz.
Fast täglich werden Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und Leitfäden im Bereich der Menschenrechte verabschiedet. Denken wir hier beispielsweise an eine kommunale Schulordnung, die regelt, wie Kinder mit physischen Behinderungen an den Klassenlagern teilnehmen können oder an Leitfäden für Polizist*innen betreffend den Umgang mit Opfern häuslicher Gewalt.
Der Bund ist verpflichtet, die Umsetzung der Menschenrechte in der ganzen Schweiz zu überwachen. Diese Aufsicht erfolgt mehrheitlich durch präventive Weisungen, Berichte oder Leitfäden.
Herausforderungen und Chancen des Föderalismus
Obwohl die Kantone über grosse Handlungsspielräume verfügen, fehlt es an verbindlichen Vorgaben für die Harmonisierung und zentraler Koordination. Unterschiede in politischem Willen, Ressourcen und administrativer Kapazität führen zu Ungleichheiten im Schutz der Menschenrechte zwischen den Kantonen. UNO-Vertragsausschüsse haben wiederholt darauf hingewiesen, dass der Schweizer Föderalismus die einheitliche Umsetzung menschenrechtlicher Verpflichtungen erschweren kann. Sie fordern verstärkte Koordination und Aufsicht.
Ein Thema für die SMRI
Für die SMRI bietet die zugleich befördernde als auch hemmende Auswirkungen des Föderalismus auf den Menschenrechtsschutz in der Schweiz einen zentralen Ausgangspunkt. Auf dieser Grundlage untersucht sie die Wirksamkeit des Schutzsystems sowie Fragen der Verantwortung, Koordination und Umsetzungspraktiken.
Der Themenschwerpunkt «Föderalismus und Menschenrechte» untersucht, wie Übersetzungsprozesse zwischen internationalem Recht und kantonaler Praxis gestaltet werden, welche institutionellen Mechanismen der Koordination und Harmonisierung existieren und wie föderale Strukturen zu einer Stärkung des Menschenrechtsschutzes beitragen können.